Frauen in Business – Ladies, wo seid ihr?
Traurig, aber wahr – auch 2018 ist die Arbeitswelt noch eine riesige Klischeefalle. Die Männer besetzen die Chefetage und Frauen sind meist die Sekretärinnen und in sozialen Berufen zu finden. Warum werden wir dieses Bild nicht los, dass Männer „die Macher“ sind und Frauen „die Unterstützer“?
Die Harvard-Professorin Iris Bohnet hat diesbezüglich einen Versuch an der Columbia Business School gestartet. Die Studenten sollten die Leistung von Howard Roizen beurteilen – einem erfolgreichen Risikokapitalgeber im Silicon Valley, Verwaltungsrat mehrerer renommierter Unternehmen, befreundet mit Bill Gates und früherer Vertrauter von Steve Jobs. Die Studenten stuften ihn als kompetent ein und würden gern für ihn arbeiten. Allerdings existiert Howard gar nicht – in Wirklichkeit heißt er Heidi.
Als die Studenten den identischen Lebenslauf mit dem weiblichen Namen erhielten, fanden sie die Leistungen zwar immer noch kompetent, aber es waren weniger an einer Zusammenarbeit interessiert, weil sich keiner vorstellen konnte, dass eine brillante Frau auch sympathisch sei. Frauen sollten nicht selbstbewusst und wettbewerbsorientiert auftreten, wenn sie gemocht werden wollen. Sondern eher kooperativ, warmherzig und sanftmütig. Selbstbewusste Frauen im Berufsleben gelten schnell als „böse Bitch“ während dies bei Männern als Unternehmergeist gelobt wird.
Frauen sind abschreckend und Männer inspirierend?
Um tatsächlich Chancengleichheit zu erhalten, müssten Bewerbungsunterlagen anonymisiert werden, findet Iris Bohnet. Ohne Namen, Foto, Alter oder Geschlecht könnte die wirkliche Qualifizierung beurteilt werden. Das so eine Vorgehensweise wirksam ist, hat eine Studie an den fünf wichtigsten Sinfonieorchestern gezeigt – Bewerber mussten hinter einem Vorhang vorspielen und wurden nur nach Leistung beurteilt. So stieg die „Frauenquote“ auf mittlerweile 35 %. 1970 lag der Frauenanteil bei 5 %.
Aber zurück zur Wirtschaft. Selbst in Firmen für Frauenhygieneprodukte werden hauptsächlich von Männern geleitet. Das erklärt diese seltsamen Werbespots mit blauen Flüssigkeiten und Frauen, die glücklich in weiß gekleidet tanzen. Ich habe noch nie einen realistischen Werbespot für Tampons oder Binden gesehen. Es gab noch nie eine Frau, die mit schmerzverzehrtem Gesicht nach einer Tafel Schokolade griff. Bei der amerikanischen Firma „Kimberly-Clark“ änderte sich das vor einigen Jahren als der CEO Tom Falk eine Marketingstrategie für „Kotex“ (u.a. Binden) vorstellte und nach der Präsentation gefragt wurde, warum diese nicht von einer Frau vorgestellt wurde. In seinem Fall hat das einen Aha-Moment ausgelöst und er hat eine Reihe von Initiativen gestartet um die Anzahl weiblicher Führungskräfte zu erhöhen. In einem Interview sagte er dazu „Wenn Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmacht und alle Produkte kaufen, wie kann eine Gruppe aus Männern dann die beste Mannschaft sein?“ . In den Jahren 2009 – 2013 schaffte Falk und sein Team es den Anteil von Frauen von 17 auf 26 Prozent zu erhöhen.
Frauen in Führungspositionen?
Der Mangel weiblicher Führungskräfte wird oftmals auf mangelndes Interesse oder Defizite im Bereich Wissenschaft oder Technologie hingewiesen. Besonders bei einem Unternehmen, das Produkte für Frauen herstellt ein ziemlich schwaches Argument. Bei zig Unternehmen von Make-Up bis Damenbekleidung war lediglich Avon das einzige Unternehmen mit einem mehrheitlich weiblichen Vorstand. Das Problem ist, dass der Prototyp eines Vorstandes ein weißer, heterosexueller Mann ist („Thomas“ oder „Michael“). Vermutlich ist das auch der Grund weshalb unsere Politik ähnlich aufgestellt ist, wie der Vorstand eines Unternehmens.
Seit gut 2 Jahren gibt es für Firmen mit mehr als 2000 Beschäftigten eine „Frauenquote“, dass heute frei werdende Aufsichtsratsposten müssen so lange mit Frauen besetzt werden bis 30% des Gremiums weiblich ist. Durchschnittlich haben diese Unternehmen ihre Pflicht erfüllt. Im Jahr 2017 lag der Frauenanteil der Aufsichtsräten bei 30,1 Prozent (2016 waren es noch 27,4 %). In den Vorständen gibt es diese Vorgabe nicht. Nur etwas mehr als 8 % der Vorstandsposten der 200 größten Firmen war im letzten Jahr mit Frauen besetzt. Bei den Vorstandsvorsitzenden sind es nur 3,4 %.
Im „Global Gender Gap Report“ befindet sich Deutschland derzeit auf Rang 12. An der Spitze stehen Island, Norwegen und Finnland. Der „Global Gender Gap Report“ ist ein Bericht vom Weltwirtschaftsforum und analysiert die Gleichstellung der Geschlechter.
Die Fußball WM war ein gutes Beispiel davon wie Männer sich verhalten, wenn eine Frau in ihr Territorium vordringt. Das ZDF hat Claudia Neumann als Kommentatorin eingesetzt und es brach ein unfassbarer Shitstorm los, dass eine Frau ja gar nicht in der Lage sei fachlich und Kompetent Fußball zu kommentieren. Als ob sich Fußballwissen und fachliche Kompetenz im Hodensack befinden würde. Aber im Grunde ist das ein gutes Beispiel dafür, dass viele Männer sich bedroht fühlen und zum Angriff übergehen, wenn eine Frau ihnen auf Augenhöhe begegnet (oder ihnen überlegen ist).
Wie sieht es mit Frauen im Bereich der Firmengründung aus?
Im Bereich der Existenzgründungen gab es endlich ein Plus an Gründerinnen, wenn auch der Ausgleich noch lange nicht erlangt ist. Laut einer Auswertung der Förderbank KfW ist der Frauenanteil in den vergangenen Jahren gestiegen. Laut dieser Auswertung ist die Zahl der Gründungen in den vergangenen 15 Jahren von 1,5 Millionen Gründungen auf 672 000 Gründungen gesunken, dafür stieg der Anteil der Gründerinnen um 6%. Ein weiteres Ergebnis dieser Auswertung ist, dass 4 von 10 Gründerinnen minderjährige Kinder haben. Im Jahr 2016 war jede 6. Gründung ein „Mompreneur“. Etwa 72% dieser Gründerinnen haben als Grund für ihre Selbstständigkeit die bessere Vereinbarung von Beruf und Familie angegeben.
Ich denke wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es noch einige Zeit dauern wird um die festen Rollenklischees aus unserem Alltag und Köpfen zu bekommen. Ebenso wie Frauen an der Spitze fehlen, fehlen Männer in Kindergärten oder Pflegeberufen. Da müssen wir den Herren auch zutrauen, dass sie sich gut um Kinder kümmern können. Es kommt nicht auf das Geschlecht an, ob jemand eher eine Führungspersönlichkeit ist oder jemand, der sich z.B. im Assistenzbereich wohler fühlt. Es liegt an uns überholte Rollenklischees aufzubrechen und den Weg zu wählen, der sich richtig anfühlt und dies auch an unsere Kinder weiterzugeben, damit die klassischen Rollenbilder irgendwann nur noch in Geschichtsbüchern existieren und jeder die Möglichkeit das zu werden was er will.