Endometriose – Lara erzählt von ihrer Erkrankung
Liebe Lara, du bist eine von vielen Endometriosekämpferinnen. Mittlerweile erkanken 40.000 Frauen pro Jahr in Deutschland. Trotzdem ist diese Erkrankung vielen kein Begriff. Was ist eigentlich Endometriose und wie ist sie Dir begegnet?
Endometriose ist eine chronische, gutartige Erkrankung, bei der Gebärmutterschleimhaut außerhalb der Gebärmutter vorkommt und an den verschiedensten Stellen im Körper wuchert und somit zu starken Schmerzen führen kann.
So wie mir damals auch, ist das vielen Frauen leider immer noch kein Begriff. „Leider nicht“! Nicht weil ich möchte, dass mehr Frauen darunter leiden, sondern weil eben bereits viele Frauen darunter leiden und keine Ahnung haben, was eigentlich mit Ihnen los ist. Oft dauert es Jahre bis die richtige Diagnose kommt.
Das erste Mal hörte ich das Wort „Endometriose“ ca. 2015 (im Alter von 23 Jahren), nachdem ich schon endlose Ärztemarathons, unglaubliche Schmerzen und Ratlosigkeit hinter mir hatte. Meine Frauenärztin warf das Wort einfach so in den Raum und ließ mich erstmal alleine damit. Ich durfte, ja musste, mich dann alleine darüber informieren und dabei auf die Unterstützung eines Spezialisten als Expertenquelle genutzt.“
3 Fakten über Endometriose
Fakt 1: Das Krankheitsbild äußerst sich, indem Gebärmutterschleimhaut-ähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle vorzufinden ist.
Fakt 2: Anzeichen für Endometriose können starke Regel- oder Unterbauchschmerzen sowie ein unerfüllter Kinderwunsch sein.
Fakt 3: Die Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung reichen von Operation über die Einnahme von Hormonen bis hin zu klassischen Schmerzmitteln.
Mit welchen Symptomen musst und musstest Du Dich auseinandersetzen? Wie konnte Dir der Spezialist weiterhelfen?
„Ich musste schon immer mit einer starken und zudem sehr schmerzhaften Regelblutung leben. Manchmal waren die Unterleibskrämpfe so schlimm, dass ich zu Hause bleiben musste. Mit den Jahren kamen dann auch noch Beschwerden während und um den Eisprung herum, Krämpfe, allgemeine Beschwerden mit Magen und Darm dazu. Die Schmerzen wurden so schlimm, dass sie in den ganzen Körper ausstrahlten.
Ich war deswegen nicht nur bei vielen verschiedenen Fachärzten, sondern auch häufig im Krankenhaus, weil die Schmerzen nicht mehr ertragbar waren und ich ja auch nicht wusste, was mit meinem Körper los ist.“
Anmerkung der Redaktion: Weitere Symptome von Endometriose können das Auftreten von Zysten und Entzündungen an Eierstöcken, Darm oder Bauchfell sein. Die sogenannten Endometrioseherde können mit dem hormonellen Zyklus wachsen und bluten.
Nicht bei allen Betroffenen verläuft die Krankheit gleich. Endometriose kann sich auf zig verschiedene Arten äußern. Einige leiden an Schmerzen während oder außerhalb der Periode, beim Geschlechtsverkehr, beim Stuhlgang oder Wasserlassen. Auch Begleitsymptome wie Blasen- oder Darmbeschwerden, Schmierblutungen, Schwindel, Kopf- oder Rückenschmerzen sind keine Seltenheit.
Da es so vielfältige Symptome gibt, mit denen sich Betroffene auseinandersetzen müssen, diagnostizieren Ärzte „Endometriose“ im Schnitt erst nach rund sechs Jahren. Es gibt schätzungsweise 30.000 Neuerkrankungen jährlich. Damit ist Endometriose die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung!
„Der Facharzt in der Endoklinik war dann tatsächlich der erste, der mich ernst genommen hat und das nach so vielen Jahren. Er und das gesamte Team hat mir aufmerksam zugehört, mich und meine Beschwerden ernst genommen und mir erklärt, dass die Diagnose von Endo endgültig durch eine Bauchspiegelung, also einem operativen Eingriff, belegt werden kann.
Natürlich war ich in diesem Moment so dankbar für dieses Verständnis und die Einschätzung des Profis, der all die Symptome endlich richtig einzuordnen wusste.“
Findest Du, dass dieses Verständnis für Endometriose in der Gesellschaft noch zu wenig ausgeprägt ist?
„Ohja, absolut. Jahrelang hat mich keiner ernst genommen. Ärzte meinten das sei meine Psyche. Lehrer sagten, das sei nur eine Ausrede, um nicht am Sportunterricht mitmachen zu müssen. Selbst heute bekomme ich das in der Form noch bei Mädchen und Frauen in meinem Umfeld mit. Sollen wir doch eine Schmerztablette nehmen oder Yoga machen, heißt es dann.
Man fühlt sich unglaublich alleine gelassen mit den Beschwerden und dadurch zweifelt man irgendwann an sich selber. Was ist das für ein Bild, das wir jungen Mädchen und Frauen mitgeben?“
Anmerkung der Redaktion: Solltest du das Gefühl haben, nach den verschriebenen Behandlungsmöglichkeiten für starke Unterleibsschmerzen keine Besserung wahrzunehmen oder fühlst du dich allgemein nicht ernst genommen, besteht immer die Möglichkeit, sich eine zweite Meinung von einem Experten einzuholen.
In den bundesweiten Endometriose-Zentren kannst du dich von Fachärzten auf diesem Gebiet untersuchen lassen. Dort stehen spezielle Untersuchungsmöglichkeiten zur Verfügung, um die Krankheit zu erkennen oder auszuschließen.
Du musstest also neben den Beschwerden mit Unverständnis aus dem Umfeld kämpfen. Welche Einschränkungen musst Du persönlich noch durch die Krankheit hinnehmen?
„Ja, ganz genau. Das belastet mit der Zeit die Substanz der Psyche. Um mich mehr zu stärken, habe ich meine Ernährung nach der Diagnose umgestellt, weil mein Körper viele Lebensmittel nicht verträgt und das dann in Verbindung mit Endo sehr schmerzhaft werden kann. Ich weiß nicht, ob ich mal schwanger werden kann, da meine Endometriosenherde hauptsächlich an den Eierstöcken sitzt und meine Fruchtbarkeit beeinflussen könnte. An manchen Tagen, bin ich einfach nicht fit. Das kann ich nicht planen, selbst wenn ich mich nach meinem Zyklus richte. Dann müssen schon mal Unternehmungen abgesagt werden.“
Gehst du durch die Endometriose mit deinem Körper bewusster um?
„Ich habe versucht, wieder mehr auf meinen Körper zu hören. Was braucht er gerade? Auf tierische Lebensmittel verzichte ich inzwischen komplett und dadurch habe ich mich viel damit auseinandergesetzt, was mein Körper braucht und wie ich die ausbleibenden Nährstoffe ersetzen kann. Mein Körpergefühl ist besser, weil ich auch sensibler darauf achte, was mein Körper mir sagt. Das betrifft nicht nur die Ernährung, sondern auch Entspannung und Bewegung.“
Welche Behandlungsmöglichkeiten nutzt Du außer Schmerzmitteln? Was hilft dir?
„Nach der Diagnose habe ich die Pille verschrieben bekommen. Eine mit Gestagen und keinem Östrogen. Die habe ich 3 Jahre genommen, ohne Pause. Am Anfang war alles super: keine Schmerzen, keine Blutung. Das war wie ein neues Leben für mich. Mit der Zeit kamen aber einige Nebenwirkungen. Für mich fühlte es sich nicht mehr richtig an. Ich habe sie abgesetzt, ohne frauenärztliche Begleitung. Meine Ärztin war der Meinung, dass ich die Pille unbedingt weiter nehmen sollte. In wenigen Tagen, habe ich nun einen Termin mit einem Endometriose-Arzt um abzuklären welche Therapie für mich in Frage kommt.
Während der Regelblutung hilft mir ganz klassisch: Wärme, ausruhen, Yoga und Meditation, um Symptome für den Moment zu lindern.“
Anmerkung der Redaktion: Leider gibt es bisher keine Therapie, die Endometriose vollständig heilt, sondern nur Möglichkeiten, um die Schmerzen zu lindern. Wie im Fall von Lara, werden oft Hormone oder Schmerzmittel verschrieben. Aber auch eine Operation ist möglich, bei der die Endometrioseherde entfernt werden. ABER: Hier besteht das Risiko, dass sich diese Entzündungen nach ein paar Jahren erneut bilden.
Es soll auch Betroffene geben, die die Endometriose mithilfe einer Ernährungsumstellung in den Griff bekommen haben – kein Zucker und kein Weizen. Dies ist aber nur eine Einzelerfahrung und aus ärztlicher Sicht nicht bewiesen.
Was würdest Du (jungen) Frauen nach einer Endometriose Diagnose raten?
„Sucht in eurer Umgebung nach einer Selbsthilfegruppe! Die sind mittlerweile in den meisten Städten vertreten. Mir persönlich hat es super geholfen mit Anderen die ähnliches erfahren haben eine Austauschmöglichkeit zu bekommen und auch Tipps weiterzugeben. Genau hier, fühlt man sich nicht mehr alleine.
Und bleibt dran! Lasst euch nicht verunsichern: Genau IHR seid der Profi für EUREN Körper! Hört eurem Körper zu, achtet auf euch. Es ist schwer, aber wenn ihr für euch selbst da seid könnt ihr soviel Positives bewirken. Für Euch und Leidensgenossinnen.“
Anmerkung der Redaktion: Solltest du an Endometriose erkrankt sein oder die Vermutung haben, dass deine starken Schmerzen nicht von ungefähr kommen, ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Perioden-Scham sollte endlich ein Ende haben und kein Tabu mehr sein, gerade bei jungen Menschen.