Janas Mama-Kolumne: Kann man Sex verlernen?
Drumrum reden? Is nicht. Was Jana schreibt, ist echt, authentisch und kommt mitten aus dem Herz. Ihre Worte über die Liebe zu anderen, zu sich selbst und zum eigenen Körper treffen bei uns voll ins Rote. Wir sind mega happy, dass sie ihre Gedanken ab sofort nicht mehr nur auf ihrem Instagram-Account @vonkopfbisfuss_ mit uns teilt, sondern ab sofort auch regelmäßig in dieser Vulva-Mag-Kolumne. Aber jetzt Bühne frei:
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Unser Sex war der Beste, den ich je hatte. Und Sex hatte ich in der Vergangenheit wirklich viel. Entweder mit mir selbst oder mit anderen Männern. Aber nie war der Sex so erfüllend wie mit Ben.
Der beste Sex, den ich je hatte
Wenn er nicht an unserem ersten Date ein Gentleman alter Schule gewesen wäre, hätten wir es glaube ich schon da wild miteinander in meiner Wohnung getrieben, so schnell wollte ich über ihn herfallen. Nachdem wir unser erstes, aber verkorkstes Mal hatten, worüber wir heute immer noch lachen können, hatten wir wenige Tage später unseren ersten richtigen Sex in seiner Wohnung.
Schon den ganzen Abend lag das Knistern in der Luft und als wir uns nach dem Abendessen zurücklehnten, um einen Film anzusehen, fielen wir übereinander her. Der Film, es war „Shoot Em Up“, lief dreimal hintereinander und währenddessen hatten wir den besten ersten (zweiten) Sex, den man sich vorstellen kann.
Ich hatte viel Sex, der mich nicht glücklich machte
Es war das erste Mal, dass ich mich richtig fallen lassen konnte. Vorher hatte ich viel Sex, aber keinen, der mich wirklich glücklich machte.
Kennst du diese Art von Sex, die einem nur beim bloßen Gedanken daran eine Gänsehaut verschafft und man einen Bauch voller Schmetterlinge bekommt? Diese Art von Sex, bei dem man sich verschwitzt auf die Laken fallen lässt und sich wenig später auf den Partner oder die Partnerin schmeißt, um zärtliche Küsse auszutauschen. Bevor ich meinen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt, hatten wir diese Art von Sex gehabt. Jedes einzelne Mal.
(Not so) Sexy Time in der Schwangerschaft…
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Aber schon während der Schwangerschaft änderte sich unsere Art, miteinander Sex zu haben. Ich muss zugeben, währenddessen wurde ich ungewollt und manchmal unbewusst zum Hypochonder und ging jedem Risiko aus dem Weg. Rückblickend hätte ich nicht so zögerlich sein müssen, aber ich muss auch zugeben, dass ich Sex mit mir während der Schwangerschaft irgendwann auch nicht mehr sonderlich anziehend fand. Die letzten Wochen vor Geburt ließen wir es also ganz.
Ich fühlte mich wie ein wandelndes Walross und die einzige Körperkunst, an der ich mich erfreute, war, dass ich beim Essen keinen Tisch mehr brauchte, sondern nur noch meinen Bauch.
Aber Sex verlernt man ja nicht, das ist ja schließlich wie Fahrrad fahren. Das ist wie die gute Büchse der Pandora, die man öffnet und die man nie wieder zubekommt. Das ist wie die Tüte Chips, die man aufmacht und die man dann aber auch zu Ende essen muss.
Das ist wie der Cliffhanger, von dem man ganz dringend wissen will, wie er endet und es ist wie der Schokopudding mit Sahne, den man nach dem Abendessen essen muss, auch wenn man eigentlich nichts mehr reinbekommt.
Sex. Das kriegen wir schon wieder hin. So wie damals. Oder, vielleicht doch nicht?
Kann man Sex verlernen?
Tatsächlich war es nach der Schwangerschaft so: Nicht selten saß ich nach dem Sex da und war frustriert. Von der Lust und der Ungehemmtheit von einst war nicht viel übrig geblieben.
Wir waren wie die zwei Teenager von einst, die sich das erste Mal berührten, nachdem sie den Dr. Sommer-Teil aus der Bravo gelesen hatten. Jede Berührung fühlte sich so fremd an. So gezwungen. So unsicher und vorsichtig. Ich fühlte mich wie das Zahnrad, das nicht mehr richtig geschmeidig funktionierte und so, als würden wir uns das erste Mal berühren. Wie zwei Fremde, die sich gerade kennenlernen.
Frustriert stellte ich fest, dass unser Sex damals selbst nach einer durchfeierten Nacht in der Bar mit drei Promille besser funktionierte als jetzt.
Babyphone, Frust und Hemmungen
Manchmal, da will der Kopf einfach nicht mehr ausgehen und nicht selten kam es vor, dass ich über Einkaufszettel nachdachte während ich auf ihm saß. Oder ich machte mir Gedanken über meinen Bauch, während er mich aus der Missionarsstellung aus anschaute.
Wer soll sich ausserdem entspannen können, wenn in Sichthöhe das Babyphone aufgestellt ist – und man eigentlich nur darauf wartet, dass das Baby weint? Wer soll sich denn dem Oralesex hingeben können, wenn man immer auf den Bildschirm schaut und sichergehen will, dass das Baby schläft? Wie soll man denn ungehemmt Sex haben und zum Orgasmus kommen, wenn ständig kurz davor und genau dann das Baby unruhig wird? Wie soll man sich dem Sex hingeben, wenn man eigentlich am Abend todmüde ist und am liebsten sofort einschlafen möchte, wenn man zusammen auf der Couch liegt?
Ich muss sagen, obwohl ich mich in der Vergangenheit wenig wohl in meinem Körper fühlte, schaffte ich es einen Weg zu finden, ihn nach der Geburt und der Wochenbettzeit lieben zu lernen. Während ich die ersten Wochen nach der Geburt noch darauf pochte, so schnell wie möglich wieder in Größe 34 zu passen, mochte und respektierte ich meinen Körper Stück für Stück mehr denn je. Natürlich freut man sich über jedes purzelnde Pfund, aber ich hasste mich nicht mehr für den Blick in den Spiegel und schon gar nicht mehr nackt. Was also ist das Problem zwischen uns, wenn es nicht nur um äußere Formen geht?
Ich lernte meinen Körper zu lieben – also wo war das Problem?
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Wir fingen an, miteinander zu reden und darüber, was uns fehlt und stört. Während für ihn einfach nur im Vordergrund steht, dass er sich eine Regelmäßigkeit wünscht und wir mit ein wenig Übung alles wieder hinkriegen werden, kostete es mich Überwindung zu erkennen und auszusprechen, dass ich mir tatsächlich wieder Veränderung wünsche.
Natürlich war mein Körper nach der Geburt unseres Sohnes ein wenig geschunden und hatte wochenlang mit Geburtsverletzungen wie einem Dammriss zu kämpfen. Und ja, es war schön dass er Rücksicht auf mich genommen hat und ich auf mich selbst. Aber ich brauchte jetzt wieder das Gefühl dominiert zu werden, wenn ich es wollte und auch, wenn ich nicht explizit nach verlangte.
Ich wollte wieder begehrt werden. Das Gefühl haben, dass mich jemand wirklich will und alles dafür tut, das zu bekommen. Ich will Sex ohne erstmal darüber zu sprechen, dass wir ihn jetzt miteinander wollen. Ich will die Küsse spüren, die Lust auf mehr machen und mich gehen lassen. Aber bevor wir uns noch ewig im Kreis drehen, muss ich etwas tun.
Scham statt Sex – Das ist doch Bullshit
Irgendwann fing ich an, mitten am Tag Hörpornos zu hören, um mich damit auf Touren zu bringen. Um Ben später erzählen zu können, was ich will oder mich mit Kopfkino zusätzlich zu stimulieren. Aber wieso fiel es mir so schwer all das auszusprechen? Wieso traute ich mich nicht auszusprechen, was uns beiden und unserer Beziehung nur zugute kommt? Ist es Scham vor neuem/ alten Verlangen? Scham das alles zuzugeben? Habe ich Angst, dass ich ihm damit vor den Kopf stoßen könnte? Aber wieso all diese Gedanken?
Ben kennt mich immerhin nicht erst seit jetzt, sondern seit 7 Jahren und er sollte die letzte Person sein, vor der ich mich beweisen oder schämen sollte. Er kennt mich mit deftigem Magen-Darm-Infekt, er wusch mir mein Erbrochenes nach einer wilden Nacht vom Schuh und hielt mir die Hand, als unser Sohn auf die Welt kam.
Er ist der erste Mensch, der mich morgens mit Mundgeruch, geschwollenen Augen und wilden Haaren in den Arm nimmt und küsst. Der Mensch, dem ich fast den Penis gebrochen hätte und der Mensch, der wahrscheinlich mehr über mich weiß, als jemand anderer.
Er ist es gewesen, der mir in der Schwangerschaft meine Hornhaut von den Füßen rubbelte, meine Beine und meine Vulva rasierte und mich aus dem Bett schob, als ich es manchmal alleine nicht mehr schaffte. Er sah mich an den guten und weniger guten Tagen. Und ausgerechnet vor ihm sollte ich mich jetzt unsicher fühlen und mich nicht entspannen können? Das ist doch Bullshit.
Geduld, Humor und Pornos: Wir schaffen das
Klar ist, dass wir noch einen weiteren Weg vor uns haben, bis wir wieder den Sex haben, den wir hatten. Aber auch das werden wir wieder erleben. Wir werden all das wieder erleben, weil wir auch erkennen, dass wir nicht mehr die selben Menschen sind wie vor zwei Jahren. Weil wir uns verändert haben und weil das hier die erste Etappe von wahrscheinlichen vielen ist, die wir zusammen durchlaufen müssen.
Aber wir schaffen das. Und bis dahin probieren wir es mit Geduld, Humor, Pornos und Sex Dates.
Bis zum nächsten Mal.
Alles Liebe,
Jana
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